Rezension: Katharina Nocun/ Pia Lamberty – Fake Facts. Wie Verschwörungstheorien unser Denken beeinflussen

Die deutsche Sozialpsychologin Pia Lamberty erforscht seit Jahren wie Menschen durch den Glauben an Verschwörungserzählungen radikalisiert werden und die Demokratie ablehnen. Gemeinsam mit der deutschen Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun hat sie dieses wichtige Sachbuch 2020 veröffentlicht, zu Beginn der Corona-Pandemie.

Die Autorinnen führen aus, dass nach jedem bedeutenden Ereignis Verschwörungserzählungen entstehen, so etwa bei Unfällen von Prominenten, Katastrophen oder gesellschaftlichen Veränderungen. Ausführlich und detailliert werden Entstehung und Wirkungsweise beschrieben. Das Buch gibt deutliche Antworten und liefert Erklärungsversuche.

Den typischen Verschwörungsideologen gibt es nicht. Nocun und Lamberty sind der Meinung, dass Alter, Bildung und Geschlecht kaum eine Rolle spielen würden. Erschreckend große Teile der Bevölkerung glauben an Verschwörungserzählungen, jeder Mensch kann dafür anfällig sein. Eine kritische und ehrliche Auseinandersetzung mit eigenen Meinungen und Haltungen ist daher laut den Autorinnen der beste Schutz dagegen, nicht selbst irgendwann diesen Verschwörungsmythen aufzusitzen.

Im Laufe der Geschichte hat sich immer wieder gezeigt welche zentrale Rolle Verschwörungsideologien bei der Radikalisierung von Gruppierungen und Einzeltäter:innen spielen. Die meisten Kriege in der Geschichte der Menschheit wurden von Verschwörungserzählungen begleitet. Auch bei zahlreichen rechtsextrem motivierten Attentaten der letzten Jahre beriefen sich die Täter:innen auf antisemitische und rassistische Verschwörungsmythen. Die Autorinnen bezeichnen Verschwörungserzählungen als den Klebstoff, der diese Gruppen zusammenhält und sie mit der Mitte der Gesellschaft verbindet. Einige der im Buch beschriebenen Bewegungen sind auch in der Steiermark gut vertreten, unter anderen: Germanische Neue Medizin, Anastasia Bewegung und Staatsverweigerer.

Die Autorinnen beziehen eine kritische Position zur Esoterik und meinen, dass Verschwörungstheorien und Esoterik mehr verbindet, als sie trennt. Beide Strömungen teilen die Welt in Gut und Böse. Esoterik könne menschenfeindlich sein und ungewollt zum Türöffner für eine von Verschwörungsdenken geprägte Sicht auf die Welt werden. Wenngleich eine kritische Haltung zu Regierungshandeln in einer Demokratie legitim sei, wird es problematisch, wenn aus einer fundierten Kritik ein blinder Glaube an dunkle Machenschaften wird.

Das Buch schließt mit dem Fazit, dass der Glaube an Verschwörungsideologien unser ganzes Zusammenleben beeinflusst. Speziell in unsicheren Zeiten, in denen Menschen einen Kontrollverlust erleben, fallen Verschwörungserzählungen auf einen äußerst fruchtbaren Boden. Maßnahmen gegen dieses Phänomen sind notwendig, zugleich schwierig in der Umsetzung. So schreiben die Autorinnen, dass es Immer abhängig von Zeit, Wissen, Situation und Geduld ist, wie man darauf kontern kann. Sie empfehlen, das Gegenüber nicht mit Infos zu überschwemmen, da es oft nicht reicht, falsche Behauptungen zu widerlegen. Besser sei es auf einer persönlichen Ebene und im Dialog zu bleiben, um den Kontakt nicht zu verlieren.

Eine wichtige Forderung der Autorinnen ist es, dass Unterstützungsangebote für Betroffene und deren Angehörige in Österreich adäquat ausgebaut werden.