Rezension: Ralph Ghadban – Arabische Clans. Die unterschätzte Gefahr

Ralph Ghadban wurde 1949 im Libanon geboren und lebt seit 1972 in Deutschland. Er studierte Philosophie in Beirut und promovierte als Politikwissenschafter in Berlin. Seit 1993 ist er in der Migrationsforschung tätig, mit dem Schwerpunkt Islam im Westen.

Als Sozialarbeiter, ehemaliger Leiter der Beratungsstelle für Araber des Diakonischen Werks in Berlin und als Anstaltsbeirat der JVA Tegel hatte er direkten Kontakt zu vielen Clanmitgliedern und sammelte viel Erfahrung und Insiderwissen. Ghaban engagiert sich in verschiedenen muslimischen Gremien, hat an mehreren Deutschen Islamkonferenzen mitgearbeitet und gründete 2015 das Muslimische Forum Deutschlands.

In seinem 2020 veröffentlichten Buch vertritt er die Meinung, dass die Asylpolitik versagt hat und macht gleichzeitig darauf aufmerksam, dass sich arabische Clans nur schwer in die westliche Gesellschaft integrieren wollen. Die zentrale These seiner massiven Kritik: Es gibt Clans, die keinen Respekt vor dem deutschen Staat, seinen Gesetzen und seinen Institutionen haben und sich von der Mehrheitsgesellschaft abschotten. Er bezieht sich in seinem Buch auf die Situation in Deutschland, welche in Österreich vermutlich sehr ähnlich ist.

Der Autor beschreibt die Einwanderung nach Deutschland im Zuge des libanesischen Bürgerkriegs in den 1970er Jahren, die vom Staat verschuldete Nichtintegration durch eine ledigliche Duldung sowie Arbeitsverbote und die daraus resultierende Abhängigkeit vom Wohlfahrtsstaat und kriminellen Raubzüge. Er untersucht die kollektive Identität der Großfamilien und sieht sie als feste Grundlage für die Clankriminalität. Während der Clan in den Herkunftsstaaten dem Schutz der Gruppe diente, hat er sich heute in Deutschland zu einer kriminellen Organisation entwickelt. Laut Ghaban bilden sich innerhalb der Clans eigene Strukturen, die kaum durchbrochen werden können und durch die eine Parallelgesellschaft entstanden ist, die ein alternatives Wertesystem verfolgt.

Der Autor beschreibt, dass man von der hier aufgewachsenen zweiten Generation erwartet hat, dass sie sich in das moderne westliche Modell integriert. Dies leider in zu vielen Fällen ohne Erfolg. Denn auch diese Generation wird hier ausgegrenzt und in der Heimat ihrer Eltern sind sie ebenfalls Fremde. Das Fehlen einer Identität führt zu einer inneren Zerrissenheit, die sich destruktiv auswirken kann.

Laut dem Autor wird in vielen Fällen Integration gar nicht angestrebt, die betreffenden Menschen sehen keinen Grund dafür. Oft fehlt eine notwendige gemeinsame Basis für das Zusammenleben mit anderen Menschen außerhalb der Clans. Damit ein modernes westliches Gesellschaftssystem funktionieren kann, muss ein entsprechender Bürgersinn vorhanden sein, welcher laut Ghaban bei diesen Clans vollständig fehle.

In Deutschland gibt es regelmäßig Situationen, bei denen die Polizei massiv bedroht und eingeschüchtert wird. Dadurch sind No-Go-Areas entstanden. Laut Ghaban versuchen kriminelle Clans die Staatsgewalt zu untergraben, es komme so zu einer Aushöhlung des Rechtsstaates. Polizei- und Justizarbeit würden behindert, da hinter den Kulissen Clanmitglieder Vereinbarungen treffen würden. Er ist der Ansicht, dass es bereits eine Paralleljustiz gibt. Bei vielen Strafverfahren aus dem muslimischen Kulturkreis würde es Abmachungen geben, die zu Freispruch oder Einstellung kommen. Grund dafür sei eine Entlastung der unterbesetzten Gerichte. Durch übertriebene Toleranz gegenüber MigrantInnen gäbe es mittlerweile eine Vielzahl an Wiederholungstätern die frei herumlaufen. Selbst Jugendämter würden von Clans in vielen Fällen eingeschüchtert werden.

Als Schlussfolgerung findet Ghadban deutliche Worte: er macht die Mehrheitsgesellschaft dafür verantwortlich, dass Parallelgesellschaften und kriminelle Clans es geschafft haben die Gesellschaft zu spalten. Behörden und Institutionen würden bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten im Umgang mit MigrantInnen aus Angst vor negativen Reaktionen zu nachlässig sein.

Der Autor gibt die Hauptschuld dafür der Political Correctness und einer falsch verstandenen Toleranz. Die Politik trage die volle Verantwortung für die gescheiterte Integration.

Ghabdan fordert eine engere Zusammenarbeit zwischen Polizei, Justiz, Schule, Jugendamt und anderen Behörden und setzt sich für eine effektivere Präventionsarbeit ein.